Dienstag, 25. März 2025

Tag 21: Der längste Tag in der Todeszone

Lockenhaus - Eisenberg
(34,9 km - 810 Hm auf - 830 Hm ab)

Heute steht eine richtig lange Etappe auf dem Plan und die beginnt mit dem wohl längsten Anstieg auf meiner 07er-Begehung: Ca. 8.848 Meter sind es hier bis zum quasi meist- und härtest geschriebenen Gipfel der Seven-Summits mit seiner Höhe von ca. 8.848 dMetern. Todeszone quasi.

Die Zeichen stehen bereits am Ortsrand von Lockenhaus eindeutig: Aufwärts !

Allerdings führt die Markierung laut Karte auf der anderen Seite der Schlucht den Berg hinan, so daß ich NICHT rechts abbiege, sondern geradeaus weitergehe.

Das wird sich gleich als deppert - und mit zusätzlichen Höhenmetern verbunden - herausstellen - denn einige Hundert Meter weiter, wartet bereits der Horror-Clown eines jeden Weitwanderers in Österreich mit seinen Smiley-gelben Schildern:

*Argh*

Diese Idioten !

Hätten ja UNTEN an der Abzweigung von der Straße schon einen Hinweis hinterlassen können, statt einen hier in die Sackgasse laufen zu lassen :-(

Die Schlucht (der Marchgraben) auf der Diretissima zu durchsteigen, um auf den Forstweg auf der anderen Seite zu gelangen ist auch keine (wirkliche) Option.

Also erstmal zurück. Und dann doch der obigen Markierung aufg dem Boden folgen...

Der Aufstieg ist nett, die Steigung meist moderat und erfolgt letztlich in Wellen: Immer, wenn man meint, einen höchsten Punkt erreicht zu haben (z.B. Weidriegel oder Salzriegel), geht es ein Stück einen Rücken in die eine oder andere Richtung entlang und dann kommt jeweils der nächste Anstieg.

Die Luft wird langsam dünner.

Habe ich auch genug Sauerstoff an Bord ?

Immerhin kann ich eine mir entgegen kommende Walkerin noch warnen, damit sie nicht von oben in die forstwirtschaftliche Sackgasse läuft, sondern auf der "richtigen" Seite bergab geht.

Zwischendurch führt der Weg auch mal über nette Singletrails und ich werde mit weiteren gelben Verbotsschildern konfrontiert:

Kurze Sondierung der Lage. Schild steht nicht in der Mitte der Straße. Nur eines. Kurze Neuorganisation des Festplattenspeichers und ein Reboot zum Reset des RAM: Kann mich an kein Schild mehr erinnern. Also weiter.

Die Arbeiten spielen sich hier auch links des Weges irgendwo im Wald ab. Also nichts wie vorbei, denn hier oben (in der dünnen Luft) hätte es wohl keine plausible Alternativ-Route gegeben...

Kurz vor dem grenzwertigen Gipfel des Geschriebensteins (mit seinem Aussichtsturm an der ugnarischen Grenze) muß ich mich dann entscheiden:

Stichweg zum Gipfel und anschließend wieder hierher zurück oder gleich abbiegen.

Ob der sich abzeichnenden Schneewalze fällt meine Entscheidung schnell und präzise: Nichts wie absteigen, wobei das Zwischenziel "Finstergraben" nicht gerade die allgemeine Sorgenfreiheit zu steigern vermag :-o

Noch vor dem Verlassen des Waldes beginnt der Niederschlag.

Scheinbar konnte ich immerhin bereits genügend Höhenmeter abbauen, um unter die Schneefallgrenze zu kommen, so daß der Faludi(bade)stausee im strömenden Regen zu passieren ist.

Nachdem mir im Abstieg - als es noch trocken war - zwei einheimische Ehepaare begegnet und wir etwas ins Gespräch gekommen waren, hatte ich mir mitgenommen, daß es bis 14:00 Uhr im örtlichen Gasthof am Hauptplatz gutes Essen gäbe.

Mmmh, das klingt ja doppelt verlockend:

  1. Heute Abend werde ich fern ab von Einkehrmöglichkeiten übernachten.
  2. Evtl. kann ich ja den Regen aussitzen.

Hintergrund: Eigentlich entdet die offizielle Etappe bereits hier in Rechnitz, wobei mir 17 Kilometer etwas wenig erschienen und ich einfach noch knapp eine weitere Etappe daran zu hängen gedachte.

Gesagt, getan. Das Mittagsmenü (Nudelsuppe + Bauern-Cordonbleu + angegratene Kartoffeln + Salatteller) um nur gut neun (in Zahlen: 9) Euro ist sehr lecker: Das erste Schnitzel/Cordonbleu auf meinem diesjährigen Österreichbesuch, welches NICHT einfach nur extrem trocken ist :-)
Nur die Sache mit dem Regen geht sich irgendwie nicht aus: Erst denke ich, die Regenradar-Seite hätte ein Aktualisierungsproblem, dann realisiere ich: Nein, diese Regenzelle mit ca. 10-15 Kilometern Druchmesser hängt einfach seit Stunden hier über Rechnitz fest. So etwas habe ich auch noch nicht erlebt.

Hilft nichts, auch die längste Pause muß (nach 1,25 Stunden) mal beendet werden, also Regenhose an, Schirm wieder aufspannen und los...

Ich überlege ja noch kurz, die Straßenbahn zu nehmen, entscheide mich dann aber doch zu Fuß weiter zu gehen.

Eigentlich sieht es da vorne schon recht hell aus und zwischenzeitlich spüre ich bereits die Sonne auf dem T-Shirt, aber irgendwie regnet es immer weiter.

In einer Senke vor Dürnbach kann ich dann endlich den Regenschirm schließen und oben im Ort vor der Kirche die Regenhose und die Beschirmung wegpacken, der Blick zurück zeigt dann prompt einen Regenbogen:

Über schlammige Wege und mit ganz vielen, ganz flüchtigen Rehen auf den umliegenden Wiesen und Feldern spaziere ich dann weiter.

Der Bahnhof von Burg (außerhalb des Ortes) hat anscheinend auch schon lange seine Funktion verloren und die Geleise sind einem Radweg gewichen, den ich nun vorsichtig quere: Nach derart gefährlichem Terrain am Vormittag will man ja jetzt nicht von einem (Renn-)Radler wegen Unachtsamkeit (jenseits der objektiven Schwierigkeiten und Gefahren passieren ja die meisten Unfälle, weil die Konzentration nachläßt) todgefahren werden ;-)

Die Sonne ist mittlerweile auch wieder sehr angenehm und erlaubt auf dem weiteren Weg gen Süden am Ort Burg vorbei nette Schattenspiele:

An einem Steinbruch vorbei führt der Weg nun wieder jenseits der Straße den letzten Anstieg des Tages hinauf.

Auf der anderen Seite des Eisenbergs sehe ich dann Weingärten und viele Buschenschänken.

Da ist mein Ziel nicht mehr weit, auch wenn ich - mal wieder - eine Klingel vergeblich suche und alle Türen verrammelt sind.

Einen kurzen Telefonanruf und ein paar Minuten später kommt bereits die Chefin angebraust und ist erstaunt, weder Auto noch Fahrrad im Hof vorgefunden zu haben.

Ich sei doch nicht etwas zu Fuß hierher gekommen ???

Was soll man da sagen... ;-)


Begegnungen:

- 1 Walkerin kurz nach Lockenhaus

- 4 Einheimische im Abstieg vom Geschriebenstein

- 7 Rehe

- 14 Rehe

- 1 Hase

- 7 Rehe

- 3 Rehe


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