Anreise St. Martin - Aufstieg Nebelstein
(6,8 km - 400 Hm auf - 20 Hm ab)
So, heute am Freitag, 26. April 2024 soll es los GEHEN.
Nur noch schnell nach Sankt Martin (Nomen est Omen ? - man könnte ja an einen bekannten österreichischen Fernwanderer denken, der die "Großen Zehn" [WeitWanderWege] gerade zum zweiten Mal begeht) im Waldviertel (Niederösterreich) anreisen, Rucksack auf den Buckel, Sonne an den Himmel und raus aus dem Ort in die Natur...
HALT.
Sorry, KURZER Einschub zur ÖPV-Anreise (inkl. Deutsche Bahn - ah, Kenner ahnen evtl. schon, was das bedeutet)...
Der ursprüngliche Plan sah vor:
Bahn - Bahn - Bahn - Gehen - Bus - Gehen
Aus anderweitigen Gründen im Vorfeld mußte dieser bereits vor Reise-Antritt nachjustiert werden zu:
Bus - Bahn - Bahn - Bahn - Gehen - Bus - Gehen
Am Vorabend meiner Abreise - auf dem Weg zum zweiten Versuch dem örtlichen Bargeld-Provider auch mit der zweiten Karte Cash zu entlocken, traf ich meine lieben Nachbarn (hey, die kümmern sich immer um Müll und Gießen, wenn ich mal nicht da bin, was in den letzten Jahren zwecks Urlaubsabbau ja ab und an für ein paar Tage der Fall war) und als die hörten, das ich mit dem Bus 123 in Herzogenaurach zu starten gedachte, warnte mich Simon erstmal, daß man sich mit dem Bussteig an der Schütt nicht sicher sein könnte (Problem gelöst: steige bereits eine Haltestelle vorher ein) und die Fahrer teilweise die Strecke nicht kennen, so daß es schon passieren kann, daß ein ukrainischer Fahrer nach GoogleMaps den DIREKTEN Weg nach Siegelsdorf nimmt (kein Problem: ich will ja nach Siegelsdorf zum Bahnhof).
Was ich nicht am Plan hatte, daß ggf. eine feine Zeitverschiebung ebenfalls problematisch sein könnte: Ca. 43 Sekunden bevor ich die Haltestelle am Friedhof am frühen Morgen um kurz nach 06:15 Uhr erreicht hätte, fuhr der Bus bereits an mir vorbei. Laut meiner Uhr 4 Minuten vor dem Fahrplan. Da half auch kein Winken und auf die Uhr am Handgelenk deuten, der Fahrer fuhr stoisch weiter.
Also erstmal die Beine in die Hand genommen und in der morgendlichen Kälte um den Gefrierpunkt (deswegen mit T-Shirt, Ski-Shirt, Fleece-Pulli und Mütze eingepackt) in Richtung Schütt gespurtet - da wird einem mit dem Hinkelstein am Buckel schon ganz schön warm - nur nicht um's Herz.
Der Fahrer hat mich dann nicht verstanden, als ich auf ihn einredete, aber immerhin beantwortete er "Siegelsdorf ?" mit "Yes".
Nun gut, erste Hürde gemeistert.
Der Regionalexpress ab Siegelsdorf zum Nürnberger Hauptbahnhof hat angekündigte 8 Minuten Verspätung: Rechnen wir gleich mal mit 15, brauchen wir uns nicht ärgern und weil derartiges ja wenig überraschend ist, hatte ich sowieso genug zeitlichen Puffer in den Vorlauf für den Fernverkehr eingebaut.
Mehr als eine Stunde früher als die ICE-Anschlußverbindung nach Linz terminiert war, bin ich am Nürnberger Hauptbahnhof.
Ich schlendere mal in die Bahnhofshalle, lasse mich gemütlich nieder und denke mir: Ach, ich könnte ja mal das Gleis online prüfen.
Ooooh, ca. 35 Minuten Verspätung schon JETZT prognostiziert.
Wer jemals mit der Deutschen Bahn unterwegs war, weiß, daß da sich jetzt noch Zins- und Zinses-Zins-Effekte bemerkbar machen werden...
Da die Verbindung ab Linz zwar ca. 30 Minuten Umsteigezeit inkludierten, war jetzt schon klar, daß der Rest der Anreise - insbesondere was DEN einen Bus am Nachmittag zum Start angeht, gerade wie ein Kartenhaus zusammenfallen drohte.
Eilig nach Alternativ-Verbindungen gesucht - die Bahn informierte einen natürlich NICHT über das Problem und natürlich NICHT über mögliche Alternativen: Aaaaah, da steht wohl GERADE eine NightJet der ÖBB an Gleis 8 (Verspätung 190 Minuten - auf Deutsch mehr als 3 Stunden) GEN Wien, designierte Abfahrt in 4 Minuten. Also wieder die Beine in die Hand genommen, hoch auf Gleis 8, zwei NightJets und der linke fährt genau in diesem Moment los. 2 Minuten vor der elektronischen Ankündigung.
MIST.
Nun, Hinsetzen und Weinen hilft ja bekanntlich nichts, also die Zeit Absitzen/Abwarten bis mein eigentlicher Zug kommt.
Laut der Durchsagen am Gleis und der Bahn-App entstand die Verspätung durch einen "plötzlichen unerwarteten Personalausfall". Ok, denkt (naiver) Reisender sich: Da hat sich wohl am Morgen der Lokführer krank gemeldet und es mußte erst noch Ersatz vor dem Start gesucht werden - kann passieren.
Der Informatiker fragt sich aber dann gleich, wann der Zug wohl wo gestartet ist, ab welchem Zeitpunkt das Problem bekannt und man nicht ZU DIESEM Zeitpunkt bereits elektronische Info automatisiert hätte schicken können, das man evtl. auf andere/frühere Verbindung versuchen könnte auszuweichen.
Wäre aber wohl zu einfach.
Da ich mich bei Entscheidungen/Bewertungen/Verurteilungen ungern auf eine Quelle verlasse, mal über andere Internet-Dienste (die die offenen Informations-Schnittstellen der Deutschen Bahn anzapfen und Daten selbst aufbereiten) quergeprüft.
Aha, da ergibt sich irgendwie ein leicht anderes Bild:
EINE Minute Verspätung beim Start wegen des Personalausfalls in Frankfurt.
Bereits in Hanau wieder im Plan.
Die ganze Verspätung wurde dann aber wegen der Umfahrung von Ascheberch ausgelöst.
Schauen wir uns das mal genauer an:
Überraschung: Die völlig marode Infrastruktur ist MAL WIEDER der EIGENTLICHE Auslöser.
Willkommen beim Lug&Trug-Unternehmen und den Experten für das Beschönigen von Problemen.
Lern-Effekt für Laien...
Merke: Hörst Du in Medien von Horror-Statistiken, Kosten-Explosionen, Termin-Verschiebungen,... bei der Deutschen Bahn, lächle und wisse, die eigentliche Wahrheit ist immer noch VIEL schlimmer...
Wann WAR die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München nochmal zu welchem Preis bereits fertig ?
Ok, ich sollte nicht anfangen zynisch zu werden, sondern mich auf die WIRKLICHEN (meine) Probleme besinnen: Aus den ursprünglich angekündigten 35 Minuten Verspätung, wurden dann gute 45 Minuten, der Anschluß-EC in Richtung Prag ist bereits bei der Ausfahrt aus dem Nürnberger Hauptbahnhof als verpaßt zu betrachten. Der nächste Zug fährt zwei Stunden später, was einen Taxi-Transfer für ca. 50-70 EUR, Hungern statt Abendessen und ggf. auf der Nebelsteinhütte vor verschlossener Tür zu stehen nach sich ziehen würde.
Kein rosigen Aussichten.
Nachdem ich generell mit dem Schlimmsten rechne, habe ich im voraus auch bereits händisch alle möglichen Regionalbuslinien ab Linz in nördliche Richtung ins Zielgebiet geprüft.
Da könnte sich etwas ausgehen...
Unterwegs meldet sich dann aber nochmal deutlich die Bahn-App:
Langsam werde ich aggressiv:
ICH SOLL AUS DEM FAHRENDEN ICE - der gerade fast eine Stunde Verspätung hat - 30 MINUTEN VOR DER AKTUELL PROGNOSTIZIERTEN PHYSISCHEN ANKUNFT IN LINZ JETZT IN EINER MINUTE IN DEN EUROCITY IN LINZ UMSTEIGEN ?
Also entweder sind die Produktmanager/Requirement Engineers der Softwaresysteme der Bahn mit einem sehr speziellen Humor ausgestattet oder selten verblödet. - Leuten, die mich kennen, dürfte es an dieser Stelle nur bedingt schwerfallen, zu erraten, welche der beiden Möglichkeiten ich präferiere. Evtl. muß man mich dafür aber noch nichtmal kennen.
Schweigen wäre manchmal eben nicht nur für Menschen, sondern auch für Maschinen, die bessere Wahl statt nur Müll von sich zu geben.
Ab Linz fahren um die Mittagszeit herum, interessanterweise drei Busse einer Linie in verschiedenen Variationen alle 15 Minuten nach Freistadt - danach ist für ein paar Stunden wieder eine Lücke im Fahrplan.
Ich erreiche den mittleren und auf die freundliche Frage, ob den mein Zug-Ticket wohl in dieser Regionalbuslinie evtl. auch gilt, weil ich den Anschlußzug verpaßt habe, erhalte ich die - für Deutsche sehr überraschende - Antwort vom Fahrer: "nach Freistadt ? - ja, klar".
In Freistadt dann noch ein wenig Zeit in der Sonne absitzen und den kritischen (einzigen) Bus am Nachmittag der Linie 758 gen Osten nehmen, der mich direkt nach Sankt Martin an den Start bringt.
Das Anreise-Muster war also letztlich:
Bus - Bahn - Bahn - Bus - Bus - Gehen
Jetzt aber...
Gegen 15:00 Uhr lasse ich somit alle Anreise-Sorgen und den zugehörigen Ärger hinter mir und es geht bei bestem T-Shirt-Wetter (wer hätte das noch am Morgen und insbesondere in den vergangenen Tagen gedacht) auf dem Weitwanderweg 06 (Niederösterreichischer Mariazellerweg) in Richtung Nebelstein.
Als ich einen kleinen, idyllischen Camping-Platz und diesen Badesee passiere, denke ich mir nur: Gut, daß ich das Pubertier nicht dabei habe - sonst wäre das Abendessen jetzt wohl wieder in Gefahr ;-)
Nach einer Weile kann ich die Asphaltstraße hinter mir lassen und es geht durch den Wald immer weiter bergauf.
Augenscheinlich ist das hier auch ein geeignetes Rückzugsgebiet für Qualitätsjournalisten und ihre Hinweisgeber:
Mit der gewonnen Höhe ergeben sich ab und an schon erste Aus-/Weitblicke:
Gegen 16:30 Uhr ist dann mein Tagesziel, die Nebelsteinhütte erreicht:
Hier beginnen, enden bzw. passieren etliche Weitwanderwege:
Nach meiner Kenntnis ist es auch der einzige Punkt, wo vier verschiedene Weitwanderweg-Nummern sich begegnen (verschiedene 06er-Zweige begegnen sich und zwei anderen WWWs auch anderswo):
- WWW05 Nord-Süd-Weg - Beginn
- WWW06 Mariazeller Weg (Niederösterreich) - Beginn
- WWW07 Ostösterreichischer Grenzlandweg - Beginn
- WWW08 Eisenwurzenweg
Ich werde von hier den WWW07 starten und als ersten Abschnitt den Thayatalweg bis Retz (Weg 630) gehen, wo auch ein Klassiker von Weitwander-Cache liegt.
Nach dem Abendessen steige ich in Latschen zum Gipfel auf.
Der Ausblick in alle Richtungen hat was...
Interessant:
Just am Vortag war noch DRINGLICH (wegen Lebensgefahr) vor Ausflügen in Regionen oberhalb von 1.000 Metern gewarnt worden.
All meine Versuche - trotz unsachgemäßer Fußbekleidung - hier auf 1.017 Metern einen relevanten Rettungseinsatz in den Schneemassen zu provozieren, scheitern leider kläglich. Meine Unfähigkeit kennt bekanntermaßen keine (Staats-)Grenzen.
Die Sicherungs-Infrastruktur stellt für mich persönlich da zuweilen schon größere Herausforderungen...
Fazit für den Tag:
Ende gut, alles gut ?
Soweit, so gut !
Begegnungen:
- 1 Mäusebussard
Erster und letzter Gipfel > 1.000 m:
- Nebelstein (1.017m)